Vogelbauer

 

Durch die Weißglut der wachen Nächte 

zieht sich eine Spur des Verlustes

Ich rufe mir die Farbe der Luft ins Gedächtnis 

von Orten an denen ich ihn traf

Mit einem Blick in den Himmel fälle ich das Lot 

vermesse die Höhe der Wolken

Wer war es, der hier abhanden kam?

 

Dort wo, was geschaffen wurde, 

sich selbst zu genügen, 

seiner Bestimmung gerecht wird, 

glaube ich dich gesehen zu haben

 

Ich dachte wir hätten nebeneinander gelegen, 

aber dann sehe ich durchs Fenster über mir 

die neuen Farben am Himmel, die du für ihn

aus den Tiefen der Nacht gestohlen hast

Du musst unterwegs gewesen sein

 


ein Topf aus vollem Herzen

 

Hatten Sie jemals das Gefühl, in einem Raum keinen Platz mehr zu haben, weil er mit jedem Atemzug größer wird?

Ich möchte Sie ausdrücklich einladen, meinen Standpunkt einzunehmen

und sich auf meine eigene Schulter zu setzen. Können Sie mir bis hierhin folgen?

- Sehen Sie, davon rede ich. Also:

Das gelebte Leben ist ein weiches Bett,

darin eine warme Flasche verflossenen Glücks

Früher war alles so wie jetzt, nur die Farben waren klarer.

(Wie gesagt, es kommt auf den Standpunkt an.)

versuchen Sie doch stattdessen, die folgenden Zeilen zu vertonen:

 

Draußen drehen die Jahreszeiten ihre Runden

Sie schimpfen, denn sie finden keinen Parkplatz mehr

Wenn wir kommen, leuchten unsere Augen,

wenn wir gehen, sind sie leer

 

Ja, gut gemacht! 


Phänomenologie des Nippes

 

Eine Sammlung von Elefanten

grast hinter der Glasfront der Schrankwand

verstaubt, erstarrt aber unterwegs

hohl, verschroben doch mit dicker Haut

wiederholen sich die Motive

Im Kampf um Wiederaufrichtung der Grashalme

gleich werdend durch Abweichung im Detail

Der Fehler ist Material

zusammengeklaubt aus Echos im Spiegel

Sandgestrahlt, sich sammelnd

uneingetroffen und majestätisch

schreitet ein Ich durch die Zeit.


Vermählung

 

Heute bin ich eine Schreibmaschiene

gestern war ich ein Gedicht

Du sitzt mir gegenüber

nur finden wir uns nicht

 

Abends macht ein Blick sich auf zu dir

und kehrt auf halber Strecke um

jetzt die Fassung zu verlieren

das wär doch dumm

 

Du funktionierst so reibungslos 

wie weißgefließte Gänge im Neonlicht

unterirdisch, unbestimmt

von Ungefähr ins Kreuzverhör

 

Und wieder sind wir nicht verbrannt

und haben uns nur wund geschrieben

Momente fahren Fahrstuhl – dein Gesang

doch die Zeit ist nicht stehen geblieben

 

Du hast schon Recht

der Weg ist weit – zünd noch ein Stück vom Leben an

doch mach auch mal die Türe zu,

setz dich zu mir und wärm dich dran

 

 


Frisuren der Vergangenheit

 

Haare auf dem Herzen

ein Atem hinter der Tür

Die Freundin mündet in den Garten

Die Zeit schreibt Reime

auf rundem Papier

 

Philip Baumgarten